Schlafstörungen S3-Leitlinie
- Praxis-Strandallee
- 8. Apr.
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Aktualisiert: 9. Apr.
S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen - Insomnie bei Erwachsenen: Ursachen, Auswirkungen und Lösungen
Stand: 31.12.2017, Seit > 5 Jahren nicht aktualisiert, Leitlinie wird zur Zeit überarbeitet
Federführende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V.
Schlaf ist ein essenzieller Bestandteil unseres Lebens, der nicht nur für unsere körperliche Gesundheit, sondern auch für unser emotionales Wohlbefinden von großer Bedeutung ist. Schlafstörungen sind weit verbreitet und können in verschiedenen Formen auftreten, darunter Insomnie, Schlafapnoe, Restless-Legs-Syndrom und viele mehr. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Ursachen, Auswirkungen und mögliche Lösungen für Schlafstörungen.
Ursachen von Schlafstörungen
Die Ursachen für Schlafstörungen sind vielfältig und können sowohl physische als auch psychische Faktoren umfassen. Zu den häufigsten Ursachen gehören:
1. Stress und Angst: Psychische Belastungen, sei es durch berufliche Herausforderungen oder persönliche Probleme, können zu Schlaflosigkeit führen.
2. Gesundheitliche Probleme: Chronische Schmerzen, Atemwegserkrankungen oder hormonelle Veränderungen können den Schlaf beeinträchtigen.
3. Lebensstil: Ungesunde Gewohnheiten (problematische Schlafhygiene) wie übermäßiger Koffein- oder Alkoholkonsum, unregelmäßige Schlafzeiten und mangelnde körperliche Aktivität können ebenfalls zu Schlafstörungen beitragen.
4. Umweltfaktoren: Lärm, Licht und eine unangenehme Schlafumgebung können den Schlaf negativ beeinflussen.
Auswirkungen von Schlafstörungen
Die Auswirkungen von Schlafstörungen sind weitreichend und können sowohl körperliche als auch psychische Gesundheit betreffen. Zu den häufigsten Folgen gehören:
- Eingeschränkte Leistungsfähigkeit: Schlafmangel kann die Konzentration, Reaktionszeit und Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigen.
- Emotionale Probleme: Menschen mit Schlafstörungen sind anfälliger für Angstzustände, Depressionen und Stimmungsschwankungen.
- Körperliche Gesundheit: Langfristige Schlafstörungen können das Risiko für chronische Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Diabetes und Fettleibigkeit erhöhen.
Diagnostik
Am Anfang der Untersuchung in der Schlafmedizin steht die Erhebung der Krankengeschichte des Patienten. Daraus ergeben sich für den Schlafmediziner Anhaltspunkte für in Betracht kommende Erkrankungen. Weitere Klarheit ergibt die Auswertung eines oder mehrerer spezieller, von den Patienten auszufüllender Fragebögen. In manchen Fällen kommt ein Schlaftagebuch zum Einsatz, das über einen Zeitraum von zwei Wochen durch den Patienten zu führen ist.
Basis der apparativen Untersuchungen im Schlaflabor ist die Polysomnographie, mit deren Hilfe Schlaftiefe und Störungen des Schlafes bestimmt werden können. Im Rahmen dieser Untersuchung werden fortlaufend die elektrischen Aktivitäten von Gehirn (EEG) und Herz (Langzeit-EKG), der Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt des Blutes, die Körpertemperatur sowie Atemfluss und Atmungsbewegung erfasst und ebenso Muskelspannung sowie Bein- und Augenbewegungen aufgezeichnet. Ergänzend ist es nicht nur möglich, Besonderheiten wie Erektionen, Blutdruck, Schnarchgeräusche und Magensäurerückfluss zu dokumentieren, sondern auch Videoaufzeichnungen vom Schläfer zu erstellen. Beim Schlafapnoe-Syndrom ist es zudem möglich, den geeigneten Beatmungsdruck (für die Therapie werden Atemmasken verwendet) zu ermitteln. Speziell zur Erkennung dieses Krankheitsbildes stehen neben stationären Einrichtungen wie dem Schlaflabor auch tragbare, als Polygraphiesysteme bekannte Hilfsmittel zur Verfügung. Damit werden die elektrischen Aktivitäten (Hirnströme) nicht, jedoch Parameter wie Langzeit-EKG, Sauerstoffgehalt des Blutes, Bewegungen während des Schlafes und Atemfluss in Mund und Nase erfasst. Polygraphiesysteme sind allerdings mit fast 20 % falsch negativen und bis zu über 30 % falsch positiven Ergebnissen behaftet und daher untauglich, eine „schlafbezogene Atmungsstörung“ ausreichend genau zu diagnostizieren. Auch hier besteht Forschungsbedarf.
Zur Erfassung einer durch die fehlende Erholsamkeit des Schlafes eingeschränkten Leistungsfähigkeit stehen zahlreiche unterschiedliche Testverfahren zur Verfügung. Für ihren Einsatz gibt es empfohlene Vorgehensweisen. Dazu zählen unter anderem der d2-Test, das Frankfurter Aufmerksamkeits-Inventar und der Oxford Sleep Resistance Test.
Vorbeugung
Wichtig für einen erholsamen Schlaf ist unter anderem eine ausreichende Schlafdauer. Diese liegt in den Industriestaaten durchschnittlich bei 7 Stunden, kann aber individuell abweichen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die richtige Verhaltens- und Umgangsweise mit dem Schlaf, die sogenannte Schlafhygiene. Dazu zählt auch der richtige und zeitgerechte Umgang mit dem Tag-Nacht-Rhythmus.
Häufig bestehen falsche Annahmen zum Thema Schlaf wie z. B. dass Schlaflosigkeit zu Geisteskrankheiten führe, dass bei Einschlafschwierigkeiten man früher schlafen gehen solle oder dass 8 Stunden Schlaf anzustreben seien. Diese Auffassungen sind zur Behebung von Schlafstörungen kontraproduktiv und in der Sache falsch.
Normale Acht-Stunden-Schläfer können langfristig auch mit fünf bis sechs Stunden Schlaf ihre Leistungsfähigkeit beibehalten, zumal bei einem regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus. Bei den meisten Menschen führt dies zu keinen langfristigen körperlichen Veränderungen oder Schäden. Solch ein verkürzter Schlaf kann an Qualität gewinnen. Der Mensch schläft dann effektiver, mit einer vollständigen Erhaltung des Tiefschlafs und verkürzten leichteren Schlafstadien und REM-Schlaf. Der Einschlafprozess verläuft schneller.
Lösungen und Behandlungsmöglichkeiten
Es gibt verschiedene Ansätze zur Behandlung von Schlafstörungen, die je nach Ursache und Schweregrad variieren können:
1. Verhaltenstherapie: Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) kann helfen, negative Denkmuster zu ändern und gesunde Schlafgewohnheiten zu fördern.
2. Medikamentöse Behandlung: In einigen Fällen können Schlafmittel verschrieben werden, jedoch sollte dies immer unter ärztlicher Aufsicht geschehen.
Zur Behandlung von Schlafstörungen kommen in Deutschland bei etwa 5 % aller Männer und 12 % aller Frauen Schlafmittel zum Einsatz. Dafür zugelassen sind in erster Linie Substanzen aus der Gruppe der Benzodiazepine, (nichtbenzodiazepin-) Hypnotika wie die Z-Medikamente und Chloralhydrat, Opipramol, Antihistaminika sowie pflanzliche Medikamente, die meist Baldrian enthalten. Auch werden in einigen Fällen Antidepressiva, bei denen als zusätzliche Wirkung Schläfrigkeit bekannt ist, oder schwach wirksame Antipsychotika eingesetzt. Empfohlen wird dabei, insbesondere um die Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten und eine Abhängigkeit zu verhindern, die sogenannte Intervalltherapie: Dabei darf der Patient das Medikament an nur 2 oder 3 Tagen pro Woche einnehmen. Insbesondere die Dauereinnahme ist bislang nur ungenügend untersucht. Zudem verstärken in manchen Fällen diese Substanzen langfristig die Schlafstörungen. Insbesondere bei chronischen Schlafstörungen ohne erkennbare organische Ursache sollte daher besonderer Wert auf die Abwägung von Nutzen und Risiko gelegt und auch andere Maßnahmen wie die Optimierung der Schlafhygiene beispielsweise mittels kognitiver Verhaltenstherapie ausgeschöpft werden. Für Patienten über 55 Jahre mit Schlafstörungen ohne bekannte Ursache steht Melatonin, das bei Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus eine gewisse Wirkung zu haben scheint, zur Verfügung. In retardierter Form hat sich der Botenstoff außerdem bei der Behandlung der Schlafstörungen von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung und Smith-Magenis-Syndrom bewährt. Melatonin wird hierbei eingesetzt, wenn rein verhaltenstherapeutische und schlafhygienische Maßnahmen nicht zu einer Verbesserung führen.
Die derzeitige Studienlage gibt Hinweise darauf, dass auch Baldrian eine gewisse schlaffördernde Wirkung besitzt. Für den Einsatz von Chloralhydrat, Opipramol und Antihistaminika gibt es keinen hochwertigen wissenschaftlichen Nachweis und somit auch keine evidenzbasierte Empfehlung.
3. Lebensstiländerungen: Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und das Vermeiden von Koffein und Alkohol vor dem Schlafengehen können die Schlafqualität verbessern.
4. Entspannungstechniken: Methoden wie Meditation, Yoga oder Atemübungen können helfen, Stress abzubauen und den Körper auf den Schlaf vorzubereiten.
Fazit
Schlafstörungen sind ein ernstzunehmendes Problem, das viele Menschen betrifft. Es ist wichtig, die Ursachen zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Schlafqualität zu verbessern. Wenn Schlafstörungen anhalten, sollte unbedingt ein Arzt oder Spezialist konsultiert werden, um die bestmögliche Unterstützung zu erhalten. Ein gesunder Schlaf ist der Schlüssel zu einem gesunden Leben!
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